Westerwälder Gruß

    Der Westerwälder Gruß  "Hui! Wäller?"  - "Allemol!" ist im Jahre 1913 entstanden.
    In einem Wettbewerb des Westerwald-Vereins Bonn sollte ein Erkennungsruf  für die Westerwald-Wanderer geschaffen werden. Dem Gewinner winkten als Preis 12 Flaschen "edlen Mosel".
    Der Westerwälder Bauer und Heimatdichter Adolf Weiß aus Mademühlen im Lahn-Dillkreis wurde Gewinner mit dem Ruf  
    Hui! Wäller?- Allemol! unter mehr als 60 Einsendern.
    Seinem Vorschlag hatte er einen Begleitvers beigefügt:

      Das Schicksal bestimmte mich nicht zum Prasser,
      Ich musste bis jetzt mich begnügen mit Wasser.
      Doch würde ich gern einmal trinken den Wein,
      Und sollt's auch nur edler Mosel sein.
      Drum, als ich das Preisausschreiben las,
      Dacht' ich gleich:
      Was gilt's, du riskierst den Spass !
      Drum möchte ich zum Schluss ganz bescheiden hoffen,
      Dass ich mit dem Ruf ins Schwarze getroffen.
      Doch sollte mein Werben vergebens sein,
      Wie wär's denn mit  e i n e r  Flasche Wein?

      Der dichtende Bauer hat 1924 im "Westerwälder Schauinsland"
      seinen Ruf so interpretiert:

      Hui, Wäller?   Allemol!  so tönet der Ruf,
      Den ich für die Heimat im Stillen einst schuf,
      Und wenn Ihr nach seiner Entstehung einst fragt,
      So sei Euch mit kürzesten Worten gesagt:
      Das "Hui" hat so oft schon der Sturm mich gelehrt,
      Wenn wild
      über unsere Heiden er fährt.

      Wenn über die Berge er brauset und rauscht,
      Hab oft schon als Kind ich dem "Hui" gelauscht.
      Wir Kinder des Waldes, wie jedem bekannt,
      Wir wurden und werden stets "Wäller" genannt.
      Und wenn Ihr nun wandert durch Flur und den Wald,
      Die Frage  "Hui Wäller"? entgegen Euch schallt,
      Gibt Antwort die Frage mein "Allemol"! - Ruf,
      Den mit dem "Hui Wäller" zusammen ich schuf.

      So ziehet hinaus nun durch Wald und durch Feld,
      Den Busen voll Wanderlust freudig geschwellt;
      Lasst schallen: "Hui Wäller"? dass dröhnend es klingt,
      Und "Allemol" brausend herüber dann dringt.

      Und wenn dann Freund Hein einst heran an uns tritt,
      Will nehmen zur letzten Wanderung uns mit,
      Und fraget: "Hui Wäller?" in letztester Stund,
      Noch einmal "Allemol!" ruft der bleichende Mund.

       

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    Der Ruf wurde mit der Zeit so beliebt, daß er zum Erkennungsruf und Gruß der Westerwälder - sogar in Übersee - geworden ist.

    Wenn Einheimische und Zugereiste nach dem Sinn des Westerwälder Rufs fragen, wird gern die Interpretation des Dichters vereinfacht so erklärt:

    Hui! Wäller? - Allemol!  so tönet der Ruf,
    den in meiner Sehnsucht nach Wein ich schuf.
    Das "Hui!", das hat mich der Sturmwind gelehrt,
    wenn wild über unsere Heiden er fährt.
    Und "Wäller" wir ja "allemol" sind;
    wir trotzen dem Regen, dem Schnee und dem Wind!


     

         Adolf Weiß (1860 - 1938) war ein bemerkenswerter Mann. Mit Leib und Seele war er ein echter Westerwälder Bauer. Er trug den damals noch üblichen blau-leinenen  Westerwälder Bauernkittel mit Halstuch und Kappe. Sein Gesicht umrahmte im Alter ein weißer Vollbart.
          Adolf Weiß engagierte sich im Dorfleben, in vielen Vereinen und interessierte sich für Politik. Für das Wiesbadener Tagblatt schrieb er regelmässig Beiträge. Auf Bauerntagen und anderen Veranstaltungen hielt er Vorträge über Probleme seiner Heimat und seines Standes.
    Trotz der vielen Arbeit - 20 Stück Vieh und 15 Hektar Land - hat er in später stiller Stunde manches schönes Gedicht gereimt und viele Aufsätze über heimatliche Bräuche und landschaftliche Besonderheiten geschrieben, die zumeist im Wiesbadener Landboten erschienen.

          Gerechtigkeit, Loyalität, Liebe zum Berufsstand und zur Heimat galten bei ihm und seinen Freunden als erstrebenswerte Eigenschaften. Er las sehr viel, besonders Schiller und Heine. Die meisten Gedichte galten seiner Heimat. Er war ein sehr naturverbundener Mensch; schon über einen Strauch auf dem Feld, in dem ein Vogel ein Nest gebaut hatte, konnte er ein langes Gedicht schreiben. Die Psyche des dichtenden Bauern war empfänglich für die feinsten Regungen der Seele.
    Adolf Weiss     
           1902 erschien bei der J. M. Beck'schen Druckerei in Herborn sein Bändchen "Bauernlyrik" mit hochdeutschen Gedichten, meist besinnlicher Art, heimatliche Töne anschlagend oder philosophischen Themen zugewandt. Später hat er sich der damals sehr beliebten Mundartdichtung zugewandt. 1912 erschienen im Selbstverlag zwei Hefte "Vir kurz un lang!" mit Scherzgedichten in Nassauischer Mundart.
        
     Schon zu Lebzeiten erreichte der Heimatdichter einen Bekanntheitsgrad, der weit über die Kreisgrenze hinausging. Sein Portrait und seine Gedichte zierten unzählige Postkarten. Auch Mademühlens Hauptstrasse, in der er wohnte, trägt noch heute seinen Namen. Seit 1909 war er Mitglied im Westerwald-Verein. Unvergessen wurde er 1913 durch den Westerwälder Heimatgruss. Der Gruss, den er schuf , verbindet von Mund zu Mund nicht nur die Menschen, sondern knüpft auch das Band der Liebe zur Heimat fester. Der Ruf aller echten Wäller sollte Erkennungsruf und Bekenntnis zu einer liebenswerten Landschaft sein.

    Aus Dankbarkeit hat der Westerwald-Verein seinem Ehrenmitglied am Himmelfahrtstag 1939 am Fusse des fichtenumstandenen Knoten bei Rennerod ein kleines Steindenkmal errichtet.
    Die Kopf - Reliefplatte trägt die Inschrift

"Dem Heimatdichter und Schöpfer des Westerwaldgrußes Hui! Wäller? - Allemol!   Adolf Weiss 1860 - 1938   Der Westerwald-Verein 1939"

Adolf Weiss

Das Denkmal mit den zwei Steinbänken liegt heute am Jubiläumswanderweg, der 1988 zum 100 - jährigen Bestehen des Westerwald-Vereins eröffnet wurde.

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Abschliessend zwei Gedichte des Heimatdichters:

Der freie Wille

E Liehrer mol behannelt hot,
däss jedern'n freie Wille hot.
"Den freien Willen," stolz he säät,
"der Mensch vir allem annern hätt."
Der Lihrer woll nou mol probiern,
ob se de Sache aach kapiern,
un fräht dr drim die klaane Kätt,
ob sie en freie Wille hätt.
"Na," kreischt die ower schwinn un laut:
"Vom freie Wille spiern aich naut!"
Der Lihrer sich verwunnert hot,
do ower maent die klaane Krott:
"Wenn aich mein freie Wille hätt,
do läch aich noch dehaam em Bett!"

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Gruß vom Westerwald

 Meine Heimat Westerwald,
Warst mein größtes Kleinod immer,
Wenn ich heut' auch schwach und alt,
Noch strahlt mir sein gold'ner Schimmer,
Der soll auch erblassen nicht,
Bis mein müdes Auge bricht.

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D
as erste Gedicht ist in Wäller (Mademühlener) Platt geschrieben, also in Westerwälder Mundart, die sich von Dorf zu Dorf gerinfügig unterscheidet.
Wäller Platt beruht überwiegend auf der moselfränkischen Mundart, die zum Westmitteldeutschen Sprachraum gehört.
Im Nordwesten des Westerwaldes hin zur Sieg wechselt das moselfränkische "Dorf" zum ripuarischen "Dorp".  Im Osten, etwa auf der Linie Limburg - Dillenburg, geht das Moselfränkische in den Zentralhessischen Sprachraum über, das typische Wäller "dat" wird zum "das" und "des".

Hui!  Wäller? -- Allemol! 


        Z
        usammengestellt aus "Der Westerwald" Heft 4-2000 ; Heft 1-1976.; u.a.
        von Rainer Schmidt, WWV Höhr - Grenzhausen


                                    
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